»Vampir
(18. Jh.) – aus serbokroat. vampir: Verstorbener, der nachts aus dem Grab
steigt, um Lebenden Blut auszusaugen«, informiert
uns trocken das Duden-Herkunftswörterbuch, als »blutsaugendes
Gespenst des südosteuropäischen Volksglaubens« definiert
ihn das Duden-Fremdwörterbuch.
Natürlich kann man den Begriff »Vampir« auf den klassischen
Blutsauger beschränken, auf Monster, die nur des Nachts herumstreifen und
vor Kreuzen oder Knoblauch zurückschrecken, von Sonnenlicht zerstört
werden ... – also auf den »klassischen« Vampir, wie er vor
fast 100 Jahren durch Bram Stoker und
seither durch zahlreiche Filme bekannt wurde. Eine Betrachtung des Vampirs unter
dieser strikten Einschränkung wird aber dem Thema nicht gerecht, weder
aus geschichtlicher und mythologischer
noch aus literatur- oder filmhistorischer
Sicht.
Den Vampir zu definieren, ist ziemlich schwer und wird unterschiedlich gehandhabt,
wobei der Streit schon bei der Etymologie des Wortes losgeht. Der Begriff »Vampir«
ist noch relativ jung und erst seit etwa 1700 belegt für den polnischen
und russischen Sprachraum, dort eingeschränkt auf den klassischen »wiederkehrenden
Blutsauger«. In vielen Balkanländern nennt man den Vampir vukodlak
(serbisch) oder brukolak (griechisch), was jedoch beides Wolfspelz, also eigentlich
Werwolf, bedeutet. Ein Werwolf saugt aber kein Blut ... Manche Autoren leiten
den Vampir her vom türkischen uber (»Nichtflieger«) oder aus
dem polnischen upior (geflügeltes Gespenst; upierzic heißt »mit
Federn versehen«).
Ein Eintrag im Brockhaus zeigt die Schwierigkeit der Definition: »Lamia
die, –/...mi|en, griech. Mythos: Vampir, weibl. blutsaugendes Schreckgespenst,
das auch Kinder raubt« (Brockhaus Enzyklopädie, 13. Band, Mannheim
1990) (siehe Legenden)
Lamien weisen zwar viele Eigenschaften des klassischen Vampirs auf, sind
allerdings nicht tot. Dennoch werden sie im Brockhaus als Vampire bezeichnet
...
Ich arbeite mit einer umfassenden Definition, die es erlaubt, mythologische,
literarische, psychologische,
soziale und sogar politische Aspekte einzubeziehen:
»Ein Vampir im strengen Sinne ist ein Verstorbener,
der sein Grab verlässt, um Lebenden Blut auszusaugen.«
»Ein
Vampir im allgemeinen Sinne ist ein ehemaliger Mensch, der entweder nach seinem
Tode in menschlicher Gestalt weiterexistiert oder aber seine Existenz über
das natürliche Maß hinaus verlängert bzw. das Altern aufhält,
jeweils indem er sich der Lebenskraft lebender Menschen bedient.«
Nicht das Bluttrinken
ist also das Entscheidende am Vampir. Es ist das parasitäre oder raubtierhafte
unnatürliche Wieder- oder Weiter-Existieren mit lebenden Menschen als Opfern.
Die in manchen Vampir-Anthologien auftauchenden Geschichten von leichenfressenden
Untoten haben dort nach meiner Auffassung nichts zu suchen, denn es handelt
sich hier eher um eine Abart von Ghoulen – zumindest gilt dies, wenn es
nicht nur um eine Zugabe zum Blutgenuß geht, wie bei Cyrano de Bergerac,
sondern der Kannibalismus das Entscheidende ist. E. T. A. Hoffmanns oft abgedruckte
Geschichte »Cyprians Erzählung« ist für diese Fehleinordnung
ein Beispiel.
Vom Zombie ist der Vampir leichter abzugrenzen: Er ist selbständig entstanden
oder wurde von einem anderen Vampir erschaffen, er hat einen eigenen Willen,
und er bedient sich der Lebenskraft lebendiger Menschen. Ein Zombie hingegen
wurde von einem Menschen erschaffen und ist dessen Sklave.
Die Literatur der letzten 50 Jahre
hat viele neue Varianten des Vampirmythos entwickelt – gerade in diesem
Zusammenhang ist die erweiterte Definition wichtig.
Literatur: Friedhelm
Schneidewind: Das
Lexikon rund ums Blut – Berlin 1999
Jan Niklas Meier: Zombie. Einführung – Essen: Oldib Verlag 2017