Wiedergänger
Der Mythos vom Wiedergänger spiegelt zugleich die Angst des Menschen
wieder vor dem, was nach dem Tode kommt, wie auch vor der Rache,
der Wiederkehr der Gestorbenen – und zugleich die uralte Sehnsucht des
Menschen nach Unsterblichkeit.
Die Nachzehrer in Hessen
oder Schlesien, deren »Schmätzen im Grabe« (Martin Böhm
1601) man weithin hören konnte, verzehrten ihre Leichentücher
und auch Teile ihres Körpers. Sie waren auch bekannt als Gierhals,
Gierrach, Totenküsser oder Dodelecker. Erst als Wiedergänger,
die dann auch Blut saugten, wurden sie gefährlich. Meistens wurde
das erste Opfer einer Pestepidemie als Nachzehrer verdächtigt. Oft
werden diese wiederkehrenden Toten als harmlose, wenn auch quälende
Plagegeister beschrieben, als Aufhocker oder Würger, sie fressen die
Vorräte weg, ärgern die Haustiere oder machen einfach Lärm.
Der Neuntöter in Island war allerdings sehr gefürchtet: Neun
Jahre lang kam er aus dem Grabe zurück, um sich gierig und boshaft
für seinen vorzeitigen Tod zu rächen. Manche Wiederkehrer töten
Menschen, um sie zu verspeisen, andere ernähren sich von Aas wie die
orientalischen Ghoule.
Oft gab es die Vorstellung, dass Tote zu sexuellen Aktivitäten
fähig seien; laut dem Talmud soll Herodes noch sieben Jahre lang mit
seiner ermordeten Gattin geschlafen haben. In vielen Sagen und Märchen
zeugen tote Männer oder gebären tote Frauen Kinder, oder tote
Mütter kommen, um sie zu säugen. Die Grenze zu den Succubi ist
so fließend wie die zur Nekrophilie.
Im Mittelalter wurden aus dem Glauben heraus, dass tote Liebhaber
zeugen könnten, viele unverheiratete schwangere Frauen als Hexen verbrannt.
Nicht selten wurden der Hexerei beschuldigte Menschen zusätzlich als
Vampire oder Menschenfresser angeklagt.